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Kernaussage

Die Bestimmungen der Urheberrechtsrichtlinie aus dem Jahr 2001 haben es nicht geschafft mit dem wachsenden kulturellen Austausch, welcher durch das Internet ermöglicht wurde, Schritt zu halten. Das derzeitige Urheberrechtsregime verhindert den grenzüberschreitenden Austausch von Wissen und Kultur. Um die derzeitigen Herausforderungen zu meistern müssen die Gesetze aktualisiert und weiter vereinheitlicht werden.

Breite Unterstützung

Der Berichtsentwurf wurde von den Kulturerbevereinigungen IABD und EBLIDA, Industriegruppen wie Copyright4CreativityEDiMA, CCIA, SFIB, ASIC und BITKOM genauso wie von digitalen Menschenrechtsorganisationen wie La Quadrature du Net, Digitale Gesellschaft und OpenForum Europe begrüßt. Ebenso gab es positive Rückmeldungen von AutorInnenorganisationen wie der Initiative Urheberrecht und in Industriemedien wie ActuaLitté.

Punkt für Punkt

 

#consultation

1./2. Die Urheberrechtskonsultation

Die Urheberrechtskonsultation erhielt eine außerordentlich große Anzahl an Antworten von BürgerInnen, obwohl es im Gegensatz zu anderen Befragungen keinen einfachen Online-Fragebogen gab.

Eine der höchsten TeilnehmerInnenzahlen überhaupt zeigen: Die Urheberrechtsreform ist wichtig für die WählerInnen. Sie fordern eine EU-weite Lösung für die grenzüberschreitenden Probleme und für die Rechtsunsicherheit, mit der sie Tag für Tag zu kämpfen haben.

Die Meinungen zum Bedarf einer Reform sind geteilt, wobei EndnutzerInnen und Institutionen am meisten dafür und VerlegerInnen dagegen sind, während die Gruppe der KünstlerInnen geteilter Meinung ist.Die Meinungen zum Bedarf einer Reform sind geteilt, wobei EndnutzerInnen und Institutionen am meisten dafür und VerlegerInnen dagegen sind, während die Gruppe der KünstlerInnen geteilter Meinung ist.

#authors

3. AutorInnenrechte stärken

Eine der größten Herausforderungen für AutorInnen ist das Aushandeln von fairen Verträgen mit RechteinhaberInnen und VerwerterInnen. Die EU kann mehr tun um AutorInnenrechte hier zu schützen.

Eine entschiedene Parteinahme zu Gunsten der Kreativen, […] Urheberseite nur unterstützt werden kann.
Deutscher KünstlerInnenverband Initiative Urheberrecht über den Bericht

Die meisten KünstlerInnen, die von ihren Werken leben wollen, müssen Urheberrechtslizenzen mit Unternehmen aushandeln, um ihre Werke zu kommerzialisieren. Dieser vertragliche Austausch ist oft von einer Schieflage der Macht zwischen den beteiligten Parteien gekennzeichnet. Unternehmen können ihre stärkere Verhandlungsposition nutzen, um einen Großteil der erzielten Gewinne einzubehalten und damit den Nutzen für die KünstlerInnen zu schmälern. Das Urheberrecht kann helfen AutorInnen vor solchen Schwachstellen zu schützen. […]

Staaten sollten KünstlerInnen vor Ausbeutung im Kontext von Urheberrechtslizenzierung und Rechteverwertung schützen […], indem sie rechtliche Schutzmaßnahmen einführen, die nicht durch Verträge aufgehoben werden können.

UN Report Copyright policy and the right to science and culture

Es wurden Bedenken über zwingende Verträge geäußert, die von AutorInnen und KünstlerInnen als eines der größten Hindernisse für faire Bezahlung identifiziert wurde. Aufgrund solcher, weit verbreiteten Verträge verzichten Kreative auf all ihre Rechte an ihrem Werk, um eine Vergütung zu erhalten. Dementsprechend verlieren sie die Kontrolle über ihre Werke, welche dann im Gegensatz zur eigenen künstlerischen Vision genutzt werden können. […]

Bei all diesen Problemstellungen sind KünstlerInnen zurückhaltend sich in langwierige und teure juristische Verfahren gegen Konzerne zu begeben, was wiederum abschreckend für künstlerische Kreativität wirken kann.

UN Report The right to freedom of artistic expression and creativity

Einige Änderungsanträge zu spezifischen Verbesserungen werden gestellt, diese konnten aufgrund einer strikten Zeichenbeschränkung nicht im Berichtsentwurf aufgenommen werden.

#singletitle

4. Einheitlicher europäischer Urheberrechtstitel

Die sauberste Lösung gegen die Fragmentierung des Urheberrechts innerhalb der EU ist die Einführung eines einheitlichen europäischen Titel, wie beispielsweise das europäische Patent oder die europäische Marke (wobei zeitgleich die einzelnen nationalen Titel ersetzt werden). Dieses langfristige Ziel wäre positiv sowohl für RechteinhaberInnen als auch für EndnutzerInnen: Während die Ersteren eine einheitlichere Basis für den Schutz ihrer Werke erhielten, würden die Letzteren von einfacheren Regeln bei der grenzüberschreitenden Nutzung profitieren.

Die große Mehrheit der EndnutzerInnen/KonsumentInnen sind der Meinung, dass die EU [dieser] Idee nachgehen soll [,welche] die Rechtssicherheit und Transparenz für RechteinhaberInnen und KonsumentInnen verbessern würde [und] die Transaktions- und Lizenzkosten, die mit der Freigabe von Rechten verbunden sind, senken würde. […] Die große Mehrheit der institutionellen NutzerInnen ist generell auch dafür, [genauso wie] eine signifikante Anzahl an AutorInnen/PerformerInnenEU copyright consultation report

Siehe: copyrightcode.eu

#publicworks

5. Öffentliche Werke gehören allen!

Bilder von NASA sind urheberrechtsfrei, Bilder von ESA nicht.

Der Bericht empfiehlt: Werke, die durch Beamte und Angestellte von Regierungen, öffentlicher Verwaltung und von Gerichten als Teil ihrer offiziellen Aufgaben erstellt werden sollten sofort in die Gemeinfreiheit übergehen.

Dies würde auch verhindern, dass das Urheberrecht als Hindernis für öffentlichen Zugang zu Informationen eingesetzt wird.

Beispiel: Im Jahr 2014 versuchte das deutsche Innenministerium zu argumentieren, dass BürgerInnen keine Antworten auf Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz veröffentlichen dürfen, da dies gegen das Urheberrecht verstößt.

#publicdomain

6. „Public Domain“ schützen

Obwohl schon seit Jahrhunderten gemeinfrei, besaß eine japanische Firma für lange Zeit exklusive Fotorechte an den Fresken der sixtinischen Kapelle.

„Public Domain“ bzw. gemeinfrei sind alle Werke, deren Urheberrecht ausgelaufen ist oder die niemals unter das Urheberrecht gefallen sind, und trotzdem werden heutzutage häufige digitale Versionen von Public Domain Werken mit Copyright Symbolen veröffentlicht – unter der Behauptung, dass eine Digitalisierung einen neuen Urheberrechtsanspruch an öffentlichen Werken rechtfertigt.

Neun Mitgliedsstaaten berichteten von Hindernissen bei der Gewährleistung, dass Public Domain Material auch noch Digitalisierung in der Gemeinfreiheit bleibt. […] Der rechtliche Stand bei manchen digitalen Reproduktionen von Public Domain Werken ist unklar und benötigt weitere Aufmerksamkeit.
EC Bericht Cultural heritage: Digitisation, online accessibility and digital preservation 2011-2013

Der Bericht empfiehlt: Klarstellen, dass Digitalisierung bei gemeinfreien Werken keinen neuen Urheberrechtanspruch rechtfertigt.

Außerdem ist es oft unnötig schwer für KünstlerInnen, die ihre Werke freiwillig in die Public Domain entlassen oder unter einer liberalen Lizenz veröffentlichen wollen, das auch wirklich zu tun, aufgrund von restriktiven Verträgen oder unflexiblen Verwertungsgesellschaften.

Der Bericht empfiehlt: Unabhängigkeit der KünstlerInnen anerkennen, dass sie ihre Werke so veröffentlichen können, wie sie das wollen, also auch als Public Domain Werke.

Siehe: publicdomainmanifesto.org

#terms

7. Schutzfristen harmonisieren

Um herauszufinden ob ein Werk urheberrechtlich geschützt ist, müssen NutzerInnen obskure Details herausfinden, zum Beispiel ob die Autor*in für Frankreich im Krieg gestorben ist, denn dann sind längere Schutzfristen gültig..

Komplexe Flowcharts sind notwendig um herauszufinden, ob eine Werk noch urheberrechtlich geschützt ist.

Drastisch unterschiedliche Schutzfristen können für dasselbe Werk abhängig von der Jurisdiktion gelten … Das Resultat ist ein legislatives Grundgerüst, dass grenzüberschreitende Rechtevergabe schwierig macht und dabei EndnutzerInnen und Kulturerbeorganisationen behindert
The Myth of European Term Harmonisation: 27 Public Domains for the 27 Member States

Die große Mehrheit an Werken sind viel kürzer kommerziell verwertbar als ihr urheberrechtlicher Schutz andauert. Aus diesem Grund sind viele Werke nicht verfügbar, wodurch eine „20. Jahrhundert Lücke“ am kommerziellen Markt, aber auch in Archiven entstanden ist. Im Großteil der Fälle gewährleisten lange Schutzfristen keine verbesserten Einnahmemöglichkeit für die AutorInnen – im Gegenteil, sie verhindern die Verfügbarkeit ihrer Werke.

Altes, aber noch immer urheberrechtlich geschütztes Material ist sowohl kommerziell als auch in Archiven schlecht verfügbar.
via How Copyright Keeps Works Disappeared & Europeana

 

Positive makroökonomische Effekte können nur bei kurzen Schutzfristen von unter 30 Jahren dokumentiert werden.
Gutachten 2015, Expertenkommission Forschung und Innovation, eingesetzt durch die deutsche Bundesregierung

Die überwiegende Mehrheit der EndnutzerInnen erachten die derzeitigen Schutzfristen für unangemessen. … Institutionelle NutzerInnen sind generell der Meinung, dass die derzeitigen Schutzfristen […] verkürzt werden sollten. … Einige Rundfunksender […] denken, dass die Schutzfristen zu lang sind … Die überwiegende Mehrheit der Serviceanbieter halten die Schutzfristen für zu lang.
EU Bericht zur Urheberrechtskonsulation

Der Bericht empfiehlt: Harmonisierung der Schutzfristen auf den internationalen Standard von Lebenzeit+50 Jahre.

#balance

8. Interessen ausgleichen

Die InfoSoc Richtline zielte darauf ab eine Balance zwischen allen beteiligten Parteien, inklusive AutorInnen und PerformerInnen, anderen RechteinhaberInnen, NutzerInnen von urheberrechtlich geschützten Werken und der Allgemeinheit, herzustellen. Ausnahmen und Beschränkungen sind ein wichtiges Element, um diese Balance herzustellen. Die Bewertung davon besonders in Bezug auf die technologischen und sozialen Veränderung sind der Schwerpunkt der nächsten Punkte des Reports.

#equal

9. Gleiche Rechte on- und offline

Gerade weil die analoge Nutzung von Werken schrittweise durch eine digitale Nutzung ersetzt wird ist es notwendig zu gewährleisten, dass der Grundgedanke hinter Ausnahmen und Einschränkungen des Urheberrechts erhalten wird, auch wenn sich die Nutzungspraktiken ändern. Andererseits würden die Rechte der Allgemeinheit stufenweise ausgehöhlt werden.

Beispiel: Wenn die Bildungsausnahme vom Urheberrecht LehrerInnen erlaubt, jeder Schülerin und jedem Schüler eine physische Kopie eines bestimmten Textes als Lesematerial zur Verfügung zu stellen, sollte das auch in einem digitalen Format über das Schulintranet möglich sein.

#crossborder

10. Grenzüberschreitender Austausch

youtubenoEine Fehlermeldung, die zwar allen EuropäerInnen bekannt, jedoch niemanden verständlich ist.

Während die grenzüberschreitende Nutzung immer weiter steigt, verhindern die Differenzen bei den urheberrechtlichen Ausnahmen und Einschränkungen eine Vervollständigung des gemeinsamen digitalen Binnenmarkets.

Beispiel:

DokumentarfilmerInnen brauchen die Freiheit gewisses Bildmaterial, Videoclips und Musikstücke zu nutzen, um damit eine bestimmte Geschichte zu erzählen. Abhängig von den Ausnahmen und Einschränkungen eines Landes sind solche Verwendungen klar erlaubt oder befinden sich in einer rechtlichen Grauzone, die es schwierig macht das Werk zu kommerzialisieren und zu verbreiten.
UN Bericht Copyright policy and the right to science and culture

Die betrifft besonders Projekte, die die Kommunikation zwischen verschiedenen Ländern stärken sollen, beispielsweise den deutsch-französischen Fernsehsender arte.

#mandatory

11. Ausnahmen verpflichtend machen

Die Ausnahmen und Einschränkungen, die in der InfoSoc Richtlinie beschrieben wurden, sind nun ausreichend in den verschiedenen Mitgliedsstaaten getestet und es hat sich gezeigt, dass sie den materiellen Interessen der AutorInnen entgegenwirken. Trotzdem ist ihre Einführung derzeit optional. Nur wenn die selben Ausnahmen in allen Ländern gültig sind können sie der Allgemeinheit im grenzüberschreitenden Bereich zugutekommen.

EndnutzerInnen/KonsumentInnen sind der Meinung, dass die optionale Natur der Liste an Ausnahmen rechtliche Ungewissheit und Chancenungleichheit für MarktteilnehmerInnen erzeugt. … Institutionelle NutzerInnen unterstützen generell eine Urheberrechtsharmonisierung, was eine verpflichtende Einführung der Ausnahmen miteinschließt … Viele Antwortende aus der [Service Provider/Distributoren] Gruppe argumentieren für mehr Harmonisierung und Rechtssicherheit im Bereich der Ausnahmen. … VertreterInnen der akademischen Welt, der Zivilgesellschaft und von Thinktanks erachten die optionale Natur der Ausnahmen generell für problematisch und sind der Meinung, dass die Ausnahmen weiter harmonisiert werden sollen.
EU Bericht zur Urheberrechtskonsultation

Der Bericht empfiehlt: Urheberrechtsausnahmen verpflichtend machen für alle Mitgliedsstaaten.

#transformative

12. Transformative Nutzung ermöglichen

Das Handy in der Tasche ist ein Computer, der besser geeignet ist für Multimedia Produktionen und mit einer besseren Kamera ausgestattet ist, als den meisten professionellen KünstlerInnen zur Verfügung stand als die InfoSoc Richtlinie geschrieben wurde. Gemeinsam mit dem Internet als kostenlosen globalen Publikationsmedium hat dieses Phänomen eine breitflächige kreative Revolution hervorgebracht mit einer Vielzahl an neu entstehenden Praktiken, bei denen neue Werke durch das Umgestalten alter entstehen.

Tausende von Menschen haben sich selbst beim Tanzen zu Pharrell Williams Hit Happy aufgenommen – darunter auch diese Aufnahme aus dem europäischen Parlament

Beispiele: Solche Praktiken, die oft ohne kommerziellen Hintergedanke erstellt werden, sind: Audiovisuelle Remixes und Mashups (z.B. Lieder erstellt aus dutzenden von im Internet gefundenen Videoclips), Lipdubs (kreative Nachahmung von Liedern), Supercuts (Zusammenschnitte von ähnlichen Filmszenen), Mods (Modifikationen von Computerspielen, die z.B. die Charaktere ändern oder neue Umgebungen hinzufügen), Remakes von/Hommagen an Klassiker, Machinima (Filme aufgenommen mit Spielumgebungen als „Studio“), Let’s Plays (Live Videoübertragungen von Computerspielsessions), und viele andere.

Obwohl sie die kommerzielle Nutzung von Werken nicht einschränken befinden sich diese neuen Formen in einem rechtlichen Graubereich:

Antwortende zeigten Verwirrung, Sorge und Angst, wenn sie zu ihrer Nutzung von urheberrechtlich geschützten Material befragt wurden
User-Generated Video Creators on Copyright [Aufderheide 2007]

Urheberrechtsgesetzgebung sollte dieser beispiellosen Welle an neuen kreativen Ausdrucksformen nicht im Weg stehen und diese neuen KünstlerInnen als ernstzunehmende kulturelle Akteure wahrnehmen.

Siehe: right2remix.org

#opennorm

13. Zukunftssichere freie Norm einführen

Staaten haben die positive Verpflichtung ein robustes und flexibles System an urheberrechtlichen Ausnahmen und Einschränkungen bereitzustellen, um ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Der „3-Stufen-Test“ […] sollte als Anstoß zur Schaffung eines solchen Systems an Ausnahmen und Einschränkungen interpretiert werden.
UN Bericht Copyright policy and the right to science and culture

Die Reform des europäischen Urheberrechts braucht viel Zeit. 14 Jahre sind vergangen seit der Einführung der InfoSoc Richtlinie und dieser Bewertung. Die Richtlinie spricht von heutzutage veralteter Technologie wie CD-ROMs und wir können davon ausgehen, dass die technologische Entwicklung auch weiterhin schneller sein wird, als sich das Rechtssystem anpassen kann.

Eine offene Norm würden den Gericht die Möglichkeit geben, zukünftige Nutzungsformen durch die Anwendung des international als Standard erachteten „3-Stufen-Tests“ zu erlauben:

  1. Eine spezifische Nutzung eines Werkes…
  2. …die nicht mit der normalen Verwertung im Konflikt steht…
  3. …und die legitimen Interessen des/der AutorIn nicht unangemessen einschränkt

Diese offene Norm unterscheidet sich signifikant vom US-amerikanischen „Fair Use“, weil es neben der spezifischen Liste an Ausnahmen und Einschränkung angewendet wird und nicht anstatt. Die offene Norm ist ein Rückfallmechanismus, der den Ausnahmen und Einschränkungen eine dringend notwendige Flexibilität gibt und sie zukunftssicher macht.

Die überwiegende Mehrheit der institutionellen NutzerInnen sind für eine erhöhte Flexibilität der Ausnahmen im europäischen Urheberrecht und die meisten sehen die Lösung in der Einführung einer offenen Norm, zusätzlich zur Liste an spezifischen Einschränkungen. … Viele KonsumentInnen schlagen das Hinzufügen einer offenen Norm zur derzeitigen Liste an Ausnahmen vor, um Nutzungen, die nicht vorhergesehen werden können […] zu erlauben. … einige [Mitgliedsstaaten] erachten manche der bestehenden Ausnahmen als nicht technologieneutral, daher könnte eine Erweiterung um „ähnliche Nutzungen“ oder eine andere Form einer offenen Norm in Betracht gezogen werden. … Eine kleine Fraktion an AutorInnen und Verwertungsgesellschaften argumentieren, dass eine Öffnung der Liste an Ausnahmen dem EU Recht helfen könnte mit den technologischen Änderung schrittzuhalten: … Andere [AkademikerInnen] argumentieren, dass das Hinzufügen einer offenen Norm zur bestehenden Liste an Ausnahmen die beste Möglichkeit wäre, um sicherzustellen, dass die relevante Gesetzgebung zukunftssicher ist.
EU Bericht zur Urheberrechtskonsultation

#audiovisual

14. Audio-visuelle Zitate erlauben

picgifs-facking-interest-cool-story-bro-33734„Reaction GIFs“ sind popkulturelle Referenzen (in sehr kurzen, animierten Schleifen), die genutzt werden zum Beispiel um Punkte in Online-Diskussionen zu unterstreichen

Während fast alle Länder Urheberrechtsausnahmen für Zitate haben ist die Interpretation, was sich als Zitat qualifiziert in den Mitgliedsstaaten unterschiedlich. Dies erzeugt Probleme, da Text-, Audio- und Videomaterial immer mehr untereinander austauschbar verwendet wird.

Beispiel: Ein vor kurzem veröffentlichtes UNO Kampagnenvideo wurde von YouTube entfernt, da es einen kurzen urheberrechtlich geschützten Clip (ein audiovisuelles Zitat) ihres prominenten Sprechers enthielt.

Der Bericht empfiehlt: Klarstellen, dass Ausnahmen wie die für Zitate für alle kulturellen Ausdrucksformen technologieneutral anwendbar sind.

#links

15. Links erlauben

Die Fähigkeit von einer Seite zu einer anderen zu verlinken ist ein weiterer wichtiger Grundstein, welcher das Internet ermöglicht. Per Definition sind Inhalte, auf die man verlinken kann frei verfügbar. Jemand, der auf eine Webseite verlinkt hat keine Kontrolle über die Inhalte am anderen Ende. Ein Link kann daher keine Zustimmung des/der RechteinhaberIn erfordern oder eine Haftung implizieren. Die Schaffung einer solchen Hürde für das Verlinken würde die grundlegende Nutzung des Internets für alle Menschen übermäßig einschränken.

Die überwiegende Mehrheit der EndnutzerInnen/KonsumentInnen […] die überwiegende Mehrheit der institutionellen NutzerInnen […] die meisten Service Provider […] sind der Meinung, dass Hyperlinks zu einem Werk oder anderem geschützten Material keiner Zustimmung des/der RechteinhaberIn unterliegen sollten.
EU Bericht zur Urheberrechtskonsultation

Der Bericht empfiehlt: Klarstellen, dass das Referenzieren eines Werkes durch Hyperlinks keinen exklusiven Rechten unterliegt.

#panorama

16. Urheberrechtsfreier öffentlicher Raum

Das Teilen von Bildern des Gebäudes des Europäischen Parlaments ohne die Zustimmung des Architekten könnte illegal sein

Unter Panoramafreiheit versteht man, dass jeder Fotos von öffentlichen Gebäuden machen und diese ohne Zustimmung des/der ArchitektIn teilen darf. In vielen Mitgliedsstaaten ist das jedoch nicht oder nur teilweise umgesetzt.

Beispiel: Während es tagsüber erlaubt ist Fotos vom Eiffelturm zu machen (da das Urheberrecht darauf ausgelaufen ist), ist in der Nacht verboten, da die Beleuchtung des Eiffelturm einem eigenen urheberrechtlichen Schutz unterliegt.

Aufgrund der Territorialität des Urheberrechts kann es illegal sein ein Foto, das erlaubterweise in einem Land unter der Panoramafreiheit aufgenommen wurde, in einem anderen zu teilen. Für Leute, die ihre Urlaubsfotos nach der Reise auf Social Media Plattformen teilen, ist das unverständlich.

Der Bericht empfiehlt: Rechtssicherheit bei diesen tagtäglichen Aktivitäten schaffen, indem eine vollständige Panoramafreiheit in ganz Europa eingeführt wird.

#parody

17. Karikatur & Parodie erlauben

Die urheberrechtliche Ausnahme für Karikatur, Parodie und Pastiche ist eine wichtige Grundlage für die Rede- und Meinungsfreiheit und sollte in allen Mitgliedsstaaten gelten.

grillhill3Diese Parodie eines Filmplakats, mit der ich die Öffentlichkeit auf die Hearings der EU-Kommissare aufmerksam gemacht habe, befindet sich in einigen EU-Mitgliedsstaaten in einem rechtlichen Graubereich

Das Erlauben von Pastiche (Imitationen von bestehenden Werken oder ihres Stils) erlaubt eine Vielzahl an Remixingaktivitäten, die durch neue Technologien entstanden sind. Dadurch lässt sich eine bessere Balance zwischen den Rechten von AutorInnen auf die kommerzielle Nutzung ihrer Werke und die künstlerische Freiheit auf anderen Werken aufzubauen erzielen.

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat der europäische Gerichtshof wichtige Klarstellungen zur Definition von Parodie erbracht. Gleichzeitig wurden allerdings die Rechte von ParodistInnen und die von RechteinhaberInnen (nicht des in diesem Fall verstorbenen Autors), nicht mit einer diskriminierenden Botschaft in Zusammenhang gebracht zu werden, problematisch gewichtet. Das Gericht argumentierte, dass ein moralisches Rechte von AutorInnen an andere Personen weitgegeben werden können – sogar an juristische Personen (Firmen, Vereine,…), obwohl dieser Aspekt Teil der unveräußerlichen moralischen Rechte sein sollte und nicht als Teil des Urheberrechts in der Verhandlungsmasse sein sollte. Andererseits besteht die riesige Gefahr, dass solche Rechte aus finanziellen oder anderen Motiven genutzt werden, um Parodie im Keim zu ersticken.

Der Bericht empfiehlt: Die Ausnahme für Parodie, Karikatur und Pastiche sollte unabhängig vom Zweck des abgeleiteten Werkes gelten. Sie sollten nicht vom Urheberrecht der RechteinhalterIn, sondern nur von den moralischen Rechten der AutorIn eingeschränkt werden.

#tdm

18. Text und data mining erlauben

„Text & data mining“ (TDM) oder „content mining“ bezeichnete eine Vielzahl an analytischen Verfahren, die zusätzliche Information und Wissen aus einer großen Zahl an Daten erzeugt.

Beispiel: Ein(e) WissenschaftlerIn könnte durch die automatische Analyse einer großen Anzahl an Forschungsarbeiten einen bisher unbekannten Zusammenhang zwischen zwei Krankheiten erkennen.

Einige RechteinhaberInnen bestehen darauf, dass dies zwei unterschiedliche Lizenzen voraussetzt, eine für das Lesen von Werken und eine weitere für TDM.

Eine spezifische und verpflichtende Ausnahme, die Text and data mining für Forschungszwecke vom europäischen Urheber- und Datenbankenrecht aus nimmt sollte angedacht werden.
Empfehlung der TDM Expertengruppe der Europäischen Kommission

Der Bericht empfiehlt: Klarstellen, dass der rechtmäßige Zugang zu Daten auch das Recht auf Mining mit automatischen analytischen Methoden beinhaltet.

#education

19. Forschung und Bildung stärken

Die Details, was unter den nationalen Ausnahmen für Forschung und Bildung erlaubt ist, unterscheiden sich signifikant zwischen den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten:

Ziemlich oft enthalten diese Ausnahmen nicht die Nutzung von digitalen Formaten, wodurch eine unnötige zusätzliche Belastung für LehrerInnen und SchülerInnen genauso wie für ProfessorInnen und Studierende entsteht.

Beispiel: Da es oft nicht erlaubt ist Texte für SchülerInnen in einem digitalen Format (beispielsweise über das Schulintranet) zur Verfügung zu stellen, verschwenden LehrerInnen oft viel ihrer Zeit, um physische Kopien der Werke zu machen, da dies von den Ausnahmen des Urheberrechts gedeckt ist.

Diese Einschränkungen machen es schwierig für europäische Universitäten kostenlose Online-Kurse (MOOCS) anzubieten, was ein große Bildungschance darstellt, die außerhalb Europas sehr populär ist.

Außerdem gibt es normalerweise keine Ausnahmen für nicht formelle Bildung, wie zum Beispiel selbst organisierte Lerngruppen von Jugendorganisationen, etc.

Der Bericht empfiehlt: Die Ausnahmen für Forschung und Bildung brauchen eine gemeinsame Definition, damit Zusammenarbeit über Grenzen hinweg vereinfacht wird und sollte auch nicht formelle Bildung umfassen.

#elending

20. Online-Verleih erlauben

Bibliotheken zahlen Vergütungen an Verwertungsgesellschaften, um Bücher herzuborgen, die sie zuvor erworben haben. Die Vermiet- und Verleihrichtlinie, in der das geregelt ist, enthält keine eBooks, wodurch Bibliotheken abhängig von den e-Verleihservices der Verleger sind. Diese sind (wenn überhaupt verfügbar) oft stark eingeschränkt und können auch ein Abo des gesamten Werkekatalogs eines Verlegers voraussetzen, anstatt den Verleih einzelner Werke zu ermöglichen.

Die derzeitige Rechtslage hindert Bibliotheken an der Erfüllung [ihrer] essentiellen Services für unsere Gesellschaft in der digitalen Ära.
EBLIDA: European libraries and the challenges of e‐publishing

Der Bericht empfiehlt: Hinzufügen einer Ausnahme für das Verleihen von Büchern in digitalen Formaten.

#licenses

21. Keine nationalen Abgaben für legale Nutzung

Beispiel: Spaniens neues Urheberrechtsgesetz zwingt Dienste für das Zusammenfassen von Artikeln und anderer urheberrechtlich geschützer Werke eine Lizenzgebühr zu bezahlen. Dieses neue unverzichtbare Vergütungsrecht hat das Betreiben von Nachrichtenservices wie Google News kommerziell untragbar gemacht und damit verheerende Auswirkungen auf die Rede-, Meinungs- und Informationsfreiheit, da es auch eine Vielzahl von Aktivitäten betrifft, die auf das freiwillige Teilen von Information über freie Lizenzen angewiesen sind.

Der Bericht empfiehlt: Ob eine Vergütungspflicht an bestimmte Ausnahmen oder Einschränkungen gebunden ist, sollte auf europäischer Ebene entschieden werden.

Das schließt nicht die Möglichkeit für Vergütungspflichten in Ausnahmen und Einschränkungen auf EU-Ebene aus, wie es bei der Ausnahme zur Privatkopie der Fall ist.

#privatecopying

22. Transparenz bei Urheberrechtsabgaben

Die national unterschiedlichen Wege Abgaben auf Privatkopien und -vervielfältigungen zu erheben und zu administrieren stellen schon seit langem eine Reibungsfläche für die Binnenmarktprinzipien zum freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen dar
Recommendations resulting from the [EC] mediation on private copying and repography levies [Vitorino 2013]

Mitgliedsstaaten heben stark unterschiedliche Privatkopiegebühren auf Medien und Geräte ein, zum Beispiel für DVD-Rohlinge oder Drucker. Diese Unterschiede machen es schwer diese Waren innerhalb des europäischen Binnenmarktes zu vertreiben, manchmal müssen Hersteller diese Abgaben mehrmals für dasselbe Produkt bezahlen. Eine Reform sollte zumindest eine harmonisierte Definition der Vergütungsvoraussetzungen beinhalten sowie einen transparenten Umgang mit den so eingenommenen Geldern gewährleisten.

Der Bericht empfiehlt: Eine gemeinsame Bewertung des Schadens, der den RechteinhaberInnen durch Privatkopien entsteht und eine erhöhte Transparenz bei der Verteilung der eingehobenen Gebühren.

#drm

23./24. Open-Source Kopierschutz

Viele digitale Werke werden mit technologischen Schutzmechanismen verkauft, die im Prinzip Menschen daran hindern, die Urheberrechtsausnahmen in Anspruch zu nehmen, die das Recht vorsieht.

Beispiel: Menschen werden generell durch Kopierschutzmaßnahmen daran gehindert Kopien ihrer DVDs zu machen, obwohl die Ausnahme zur Privatkopie das erlaubt und sie auf DVD-Rohlinge Kopierabgaben bezahlen.

Manche technologischen Schutzmaßnahmen installieren Überwachungssoftware ohne dem Wissen des/der NutzerIn auf seinem/ihrem Computer. Das kann ein Sicherheitsrisiko darstellen, da diese Software zum Ausspionieren der Aktivitäten des/der NutzerIn genutzt werden kann. Um Sicherzustellen, dass technologische Schutzmaßnahmen kein Risiko darstellen sollten NutzerInnen (und ExpertInnen) die Möglichkeit haben, den Quellcode des Programmes einzusehen und sicherzustellen, dass der Schutzmechanismus das tut, was er soll und kein Sicherheitsrisiko darstellt.

Die Veröffentlichung des Quellcodes würde außerdem die Kompatibilität von unterschiedlichen Geräten und Datenformaten unterstützen, was wichtig für die Verhinderung von Monopolen ist, die NutzerInnen dazu zwingen könnten weiterhin das Produkt des gleichen Unternehmens zu kaufen, um nicht den Zugriff auf bereits gekaufte Werke zu verlieren.

Der Bericht empfiehlt: Technologische Schutzmechanismen dürfen nicht die legale Nutzung einschränken. Jede Schutzmaßnahme sollte Open Source sein.

Soweit dies durch das Gesetz möglich ist, hat der Schöpfer auf das Copyright und ähnliche oder Leistungsschutzrechte zu seinem Werk verzichtet.

5 Kommentare

  1. 1
    Reinhard Braun

    Vielen Dank für die Arbeit und – die Hoffnung stirbt zuletzt.

  2. 2

    Wir benötigen für unsere Arbeit unbedingt ein modernes, eu-weit harmonisiertes Urheberrecht. Darin soll auch geregelt sein, dass Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Arbeiten, die mit öffentlichen Mitteln ermöglicht wurden, auch öffentlich und angemessen finanzierbar jedermann zugänglich gemacht werden müssen. Dafür stehe ich mit meinen Erfahrungen aus 30 Jahren Berufs-
    praxis im Bildungsbereich und im Bibliothekswesen ein.

  3. 3

    Ich plädiere für eine Rechtslage die Bibliotheken die Erfüllung ihrer essentiellen Services für unsere Gesellschaft auch in der digitalen Ära ermöglicht.

  4. 4
    Bibliothek Thale

    Eine Reform ist dringend nötig, um dem internationalen Zeitgeist bei Wissenschafts- und Kulturaustausch nicht im Wege zu stehen und sich den gesellschaftlichen Erfordernissen des Austauschens anzupassen.

  5. 5

    Danke für den ausführlichen Bericht!
    oce

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